WIRECARD: Last Exit Bad Vöslau

Ein Projekt von BLIND DATE COLLABORATION

TEXt: Maria muhar

© Peter Griesser

Hochstapler in Maßanzügen. Toxische Männlichkeiten. Eine Klein-Buben-Phantasie in Privatjets. Der Wirecard-Skandal offenbart ein verwobenes Konstrukt aus Freunderlwirtschaft, Größenwahn und Machtrausch. Ist die Geschichte von Wirecard ein Wirtschaftskrimi? Ein Spionage-Thriller? Eine Slapstick-Comedy? In jedem Fall ist sie eine gigantische Show und diese nimmt “Wirecard: Last Exit Bad Vöslau” wörtlich. In einem genreübergreifenden Theaterabend inszeniert Blind Date Collaboration die Geschichte rund um den ehemaligen Dax-Konzern als Satire, in der Drag Kings das Spiel um sehr viel Geld persiflieren, das doch nie mehr war als heiße Luft.

 

Do, 11. April 2024, 19:30 Uhr (Premiere | Uraufführung)

Fr, 12. April 2024, 19:30 Uhr | Sa, 13. April 2024, 19:30 Uhr
Mi, 17. April 2024, 19:30 Uhr | Do, 18. April 2024, 19:30 Uhr
Fr, 19. April 2024, 19:30 Uhr

 

Theater am Werk im Kabelwerk

Oswaldgasse 35A, 1120 Wien 

© Alessia Scuderi

Vlnr: Image 1: © Rajarshi Sarkar. Image 2: © Rajarshi Sarkar | Motion Made. Image 3: © Rajarshi Sarkar | Isiwal. Image 4: © Rajarshi Sarkar | Motion Made. Image 5: © Rajarshi Sarkar | Cozy Cabin Ambience. Image 6: © Rajarshi Sarkar. Image 7: © Rajarshi Sarkar | J Utah.

Image 8: © Rajarshi Sarkar. Image 9: © Rajarshi Sarkar.

Über das Stück

Das frühere Dax-Unternehmen “Wirecard” wurde als deutsche Antwort zum Silicon Valley gefeiert. Doch im Juni 2020 fliegt das Lügenmärchen auf: 1,9 Milliarden Euro sind spurlos verschwunden – oder haben nie existiert. Anleger*innen verlieren ihr Geld und Ex-Wirecard COO Jan Marsalek türmt. Von Bad Vöslau fliegt er nach Minsk, wo sich seine Spur zunächst verliert. Während die Gerichtsverfahren im Fall Wirecard laufen und nun sogar um ein Jahr verlängert wurden, bleiben die Verstrickungen in die österreichische Politik weiterhin nebulös. Und CEO Markus Braun? Der will von alledem nichts gewusst haben …

“I am in the business of making the cake much bigger.” (Markus Braun)

Der Wirecard-Skandal offenbart ein verwobenes Konstrukt aus Freunderlwirtschaft, Größenwahn und Machtrausch. Unweigerlich drängt sich die Frage nach dem Zusammenhang von Hochstapelei und dem Performen von Männlichkeit auf.

Doch war der Österreicher Jan Marsalek, der zur Zeit in Moskau vermutet wird, lediglich Hochstapler und Blender oder doch Quelle diverser Geheimdienste dieser Welt? Ist die Geschichte von Wirecard ein Bilanzskandal? Ein Wirtschaftskrimi? Ein Spionage-Thriller? Eine Slapstick-Comedy?

In jedem Fall ist sie eine gigantische Show und diese nimmt “Wirecard: Last Exit Bad Vöslau” wörtlich. Das Publikum wird zu einer Aktionärsversammlung geladen, auf der Bühne performen Drag Kings und die scheinbar seriöse Welt der Anzug- und Entscheidungsträger transformiert sich in eine Klein-Buben-Phantasie in Privatjets.

 

 

Credits

Ein Projekt von Blind Date Collaboration
Text: Maria Muhar


Mit:
Dionysus Opoku aka Holey Father
- als Mike Mercado, Jan Marsalek & der Journalist | Make-up Design
Dolores Winkler
- als Norbert Maria Walter, Jan Marsalek & die Aktionärin
Nora Jacobs aka STARLET
- als Richard Alexander Fuhrmann & Jan Marsalek
Stephanie Skrein
- als Markus Braun
Xena Petrović aka Magic Marko
- als Ulf König, Jan Marsalek & die Journalistin | Co-Autorin Rap-Song
Zoe Gudović aka Zed Zeldich Zed
- Gastauftritt | Drag Workshop

Inszenierung: Marie-Christin Rissinger
Bühne & Kostüm: Johann Brigitte Schima & Ariella Karatolou

Videogestaltung: Rajarshi Sarkar
Musik: Elise Yuki Mory

Stimme Wirtin: Maria Muhar


Produktion: Felix Reutzel & Luisa Reiterer

Social Media & ÖA: Ulli Koch
Company Management & ÖA: Alisa Beck

 

Soundengineering Videodreh: Gustavo Petek
Grafik Design: Alessia Scuderi

Garderobe & Stagehand: Lea Neckel

Tontechnik (Theater am Werk): Markus Manahl

Licht- und Videotechnik (Theater am Werk): Jakob Kainzbauer

 

 

Produziert von Olympionik*innen
Koproduziert von Theater am Werk
Gefördert von der Kulturabteilung der Stadt Wien und dem österreichischen Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport.

 

Dank an Nina Dafert, Till Frühwald (VRUM), Felix Huber, Werner Imlauer, Ujjwal Kanishka,

Kornelia Kilga (toxic dreams), Klara Kirchberger, Kitchen - Zentrum der Tat, Alexander Koukal, Robert Koukal, Lidija-Rukiye Kumpas, Daan Lievensen, Iva Marković, Susanne Luschin (Okto), Elke Rauth & Christoph Laimer (dérive - Verein für Stadtforschung), Hans Sandhu und

Werner Thenmayer.

Interview: Drei Fragen an Marie-Christin Rissinger

 

In Eurer neuesten Produktion „WIRECARD: Last Exit Bad Vöslau“ nehmt Ihr Euch des Wirecard-Skandals an, der hohe Wellen schlug. Was hat Euch daran interessiert?

Als ich im Sommer 2022 das Buch “House of Wirecard” von Dan McCrum aufschlug, staunte ich nicht schlecht: Das Buch beginnt mit einer 5-seitigen Figuren-Liste von nahezu ausschließlich männlich gelesenen Protagonisten. Der Stoff selbst ist ein unfassbar verworrener Bilanzskandal, der geprägt ist vom Wegschauen. Die Anleger*innen machten Profite und Deutschland hatte endlich ein Finanz-Technologieunternehmen, das es mit den Big Playern im Silicon Valley aufnehmen konnte. An der Spitze des deutschen DAX-Konzerns standen die beiden Österreicher Jan Marsalek und Markus Braun und alle wollten das Märchen vom großen Geld glauben. Doch nicht nur der Betrug in Milliardenhöhe selbst ist faszinierend, auch die Verstrickungen von Jan Marsalek in politische Angelegenheiten ist unglaublich: Er verfügte über Kontakte zu diversen Geheimdiensten, war sowohl mit rechten Politiker*innen als auch dem International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) vernetzt und baute eine Miliz in Libyen auf. Am Beispiel von Jan Marsalek offenbart sich ein perfides Machtstreben, das das Produkt einer patriarchal-kapitalistisch geprägten Gesellschaft ist.

In der Inszenierung stehen Drag Kings auf der Bühne – wie kam es zu dieser Idee?

In “WIRECARD: Last Exit Bad Vöslau” geht es darum, genau diese Welt der Anzug- und Entscheidungsträger satirisch unter die Lupe zu nehmen. Der Fokus der Inszenierung, deren Konzept ich gemeinsam mit Johann Brigitte Schima entwickelt habe, liegt auf dem Zusammenhang von Hochstapelei und dem Performen von Männlichkeit und welche Kunstform eignet sich besser, eine von Männern gemachte Seifenblase zu persiflieren als Drag? Darüber hinaus braucht es für die Dramatisierung eines Bilanzskandals eine ordentliche Portion Humor und so kam es zu der Idee, Autorin und Kabarettistin Maria Muhar zu fragen den Text zu diesem Stück zu schreiben, denn eine Person, der es gelingt mit einer Geschichte über Steuerberatung tosendes Gelächter zu erzeugen, schafft das auch beim Thema Bilanzfälschung.

Welche Herausforderungen bringt ein Projekt mit sich, welches auf wahren Geschehnissen beruht bei denen immer wieder tagesaktuelle Veränderungen auftreten?

Theater ist ein notorisch langsames Medium. Von der Konzeptentwicklung über die Antragsstellung, die Umsetzung bis zur Premiere dauert es in etwa zwei Jahre. Für investigative Recherchen gibt es andere Medien, die hier besser geeignet sind. Was Theater jedoch kann - und zwar besser als Journalismus, der es mit der Wahrheit immer ganz genau nehmen muss - ist, sich einzelne Aspekte anzuschauen, in die Tiefe zu gehen, zu fiktionalisieren und die Mechanismen einer gesellschaftspolitisch relevanten Geschichte offen zu legen. In “WIRECARD: Last Exit Bad Vöslau” werfen wir einen imaginären Blick hinter die Kulissen dieses Skandals, hinein in die Klein-Buben-Phantasie in Privatjets. Das Stück endet 2020, in dem Moment, in dem die Blase platzt - in diesem Sinne haben wir nicht den Anspruch tagesaktuell zu sein.

Die Fragen stellte Hannah Lioba Egenolf.

https://www.theater-am-werk.at/de/texts/drei-fragen-an-marie-christin-rissinger

© Ulli Koch